Samstag, 9. Januar 2010

Rasante Freibeuter-Action


Für mich war dieses Buch, das nach Michael Crichtons Tod auf dessen Computer gefunden wurde, eigenartigerweise das erste dieses Autors. Viele Male hatte ich mir schon vorgenommen, endlich mal eine Kostprobe der gerühmten Spannungsdramaturgie zu nehmen. Ein Freund schwärmte mir vor, dass es - etwa für einen Flug in die USA - überhaupt keine bessere Literatur gäbe, als eben einen Crichton. Zudem habe ich hier und da auch interessante Zitate aus Interviews gelesen, die mich neugierig auf diesen Schriftsteller - mit Ursprungsberuf Arzt - machten.

Eine Piratengeschichte zu lesen, klang für mich zunächst völlig absurd: Freibeuter in der Karibik, spanische Schiffe überfallen, Goldschätze stehlen. Hier scheint beinahe jede Wendung schon genommen - bis hin zur komisch-absurden Persiflage, wie im "Fluch der Karibik".
Aber irgendwie hat mich gerade dieses - bereits von hundert Seiten beleuchtete - Thema gelockt: was würde ein Könner wie Crichton hier beitragen, wie geht er das Thema an, wie zeichnet er die Figuren?

Es beginnt wie bei Ocean's Eleven mit der Sammlung eines wirklich hervorragend skurrilen Rattenpacks von Abenteurern, mit denen die Hauptfigur Captain Charles Hunter einen spektakulären Raubzug auf eine spanische Festung plant. Jedes Mitglied im Team hat ein paar Macken, aber auch spezielle Fähigkeiten, die später wichtig werden. Crichton skizziert die Figuren mit schnellen Strichen. Sie werden damit nicht wirklich "echt" - aber vorstellbar. Sie stürzen sich ins Abenteuer - und hier folgt das, was mich bei diesem Roman am meisten begeistert hat: Die Handlung ist nie vorhersehbar, bietet abenteuerliche Wendungen, wenn man diese nicht erwartet - und folgt strikt dem Plan, wenn man mit heftigen Zwischenfällen rechnet. Einige der Einfälle sind wahrhaft grandios. Dazu sind die Kapitel kurz und knapp, es gibt kaum Schnörkel oder Ausschweifungen.

Ich hatte das Buch in drei Tagen durch, las es mit Freude und großer Spannung. Abgesehen vielleicht vom Angriff eines See-Ungeheuers. Damit hat Crichton nur ein einziges Mal den Handlungsbogen zur Kitschgrenze überspannt. Angeblich hat sich ja Spielberg bereits die Filmrechte an den "Pirate Latitudes" gesichert - und ich habe mir eingeredet, dass diese Szene wohl auf einer Anregung dieses großen Kindskopfes beruht.

Von diesem Blödsinn abgesehen ist Crichtons letztes Buch aber ein ganz tolles makelloses Werk der unkomplizierten Spannungslektüre. Es wäre ein äußerst kurzweiliger Übersee-Flug geworden.

Michael Crichton "Gold - Pirate Latitudes", (Übersetzer: Ulrike Wasel, Klaus Timmermann), Karl Blessing Verlag, 2009, 19,95 €

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