Donnerstag, 5. August 2010

Brauen in Zeiten des Grauens

Der dritte Teil von Günther Thömmes Bierzauberer-Trilogie beginnt in den Anfangsjahren des 30-jährigen Krieges in der Stadt Magdeburg. Hauptfigur ist der junge Braumeister Cord Heinrich Knoll, der trotz der immer schlechter werdenden Versorgungslage seinen Ehrgeiz darin legt, das beste Bier der Stadt zu brauen. Im Mai 1631 rücken die kaiserlichen Truppen auf die Hochburg des Protestantismus vor und nachdem die Hilfe der schwedischen Verbündeten aus bleibt, ereignen sich Tage des Grauens: die siegreichen Katholischen fallen über die Stadt her und beginnen eine Orgie von Morden, Vergewaltigungen und Plünderungen, die später den Ausdruck "Magdeburgisieren" prägen. Dabei verliert Knoll seine Frau und drei Töchter. Ihm gelingt über einen geheimen Stollen mit seinem Sohn Ulrich die Flucht. Unterwegs schließt sich ihm die Soldatenfrau Magdalena an, deren Mann als Söldner der Kaiserlichen auf der Gegenseite kämpfte, aber ebenfalls beim Kampf um Magdeburg starb.
Thömmes erzählt geradlinig und schwungvoll. Der lyrische Schnörksel und eine übertriebene Charakterisierung der Gedankenwelt seiner Charaktere ist seine Sache nicht. Dennoch erschafft er keine Schablonen sondern wirkliche Menschen, die sich entwickeln und auch zu überraschen vermögen. Die Handlung treibt Thömmes dabei stets flott voran, verfängt sich nicht in Nebenlinien oder allzu belehrenden Instruktionen zur Historie des Bierbrauens. Und dennoch erfährt man nebenher eine Menge über den Zeitgeist jener Epoche, die Lebensweise und die Umgangsformen. Man lernt quasi nebenher auf höchst unterhaltsame Art und Weise Geschichte.
Wie Cord und Magdalena einen Neuanfang versuchen - wie sie von elenden Kriegsflüchtlingen zu angesehenen Bürgern der traditionsreichen Bierstadt Bitburg (Thömmes Geburtsstadt) werden - und dann von feindlich gesinnten Fanatikern gnadenlos zerstört und gedemütigt werden, so dass der geradlinige Braumeister darüber sogar zum Mörder wird - all das ist hervorragend erzählt und ein wahrer Lesegenuss.
Im richtigen Leben hat Thömmes mittlerweile seine Wanderjahre aufgegeben und sich mit seiner eigenen "Bierzauberei" in Brunn am Gebirge, nahe Wien, nieder gelassen. Dort braut der Bitburger nun seine obergärigen Spezialitäten: Biere, die einen ebenso würzigen und einzigartigen Charakter haben wie seine historischen Romanhelden.

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